Nackenfaltenmessung - Screening mit Konsequenzen?


Von Windelprinz Redaktion -
           
Nackenfaltenmessung
 © MedicalPrudens / Pixabay - Nackenfaltenmessung: Screening mit Konsequenzen?

Typischerweise liegt die Nackenfaltendicke in der 12. SSW unter 2,5 mm.


Wohl alle Eltern wünschen sich, dass ihr Baby gesund zur Welt kommt. Verschiedene Pränataluntersuchungen liefern schon vor der Geburt Auskunft über die Gesundheit des Babys - etwa die Nackenfaltenmessung beim Ersttrimester-Screening.

In diesem Artikel erfährst du, was genau hinter dieser Untersuchung steckt und welche Aussagekraft das Ergebnis hat, damit du umfassend informiert die richtige Entscheidung für deine Familie treffen kannst.

Bitte beachte: Dieser Artikel dient der Information. Er ersetzt jedoch keine individuelle Beratung oder Untersuchung durch deinen Arzt.

Nackenfaltenmessung
 © PublicDomainPictures / Pixabay (Montage / Bildausschnitt) - Ultraschall

Was ist die Nackenfalte?

Die Nackenfalte ist eine Hautfalte im Nackenbereich, die bei jedem Ungeborenen per Ultraschall nachweisbar ist. Bei der Nackenfaltenmessung (auch Nackentransparenzmessung (NT), NT-Screening oder Nackendichtemessung genannt) wird die Dicke der Nackenfalte ermittelt. Wird eine gewisse Dicke überschritten, kann ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen und Chromosomenstörungen vorliegen.

Die Nackenfaltenmessung diagnostiziert allerdings weder eine Chromosomenbesonderheit noch eine Fehlbildung. Eine im Rahmen der Nackenfaltenmessung festgestellte übermäßige Verdickung der Nackenfalte (auch vergrößerte Nackentransparenz genannt) ist nur ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko. In der Pränataldiagnostik wird ein solcher Hinweis auch als Softmarker bezeichnet.

Eine vergrößerte Nackentransparenz kann hindeuten auf:

  • Trisomie 10
  • Trisomie 13 (Pätau-Syndrom)
  • Trisomie 15
  • Trisomie 16
  • Trisomie 18 (Edwards-Syndrom)
  • Trisomie 21 (Down-Syndrom)
  • Trisomie 22
  • Trisomie X (Triplo-X-Syndrom)
  • Tetrasomie 12 p
  • Cornelia-de-Lange-Syndrom
  • Noonan-Syndrom
  • Turner-Syndrom
  • Smith-Lemli-Opitz-Syndrom
  • Joubert-Syndrom
  • Klinefelter Syndrom
  • Ectrodactyly-ectodermal Dysplasia-Syndrom
  • Multiple-Pterygien-Syndrom
  • Fryns-Syndrom
  • Herzfehler und Herzfunktionsstörungen
  • Fehlbildungen der Lunge
  • Skelettfehlbildungen
  • Entwicklungsstörungen der Lymphgefäße
  • Stauung von Gefäßen an Kopf oder Hals
  • Bewegungsmangel des Kindes
  • Fetofetales Transfusionssyndrom
  • Zwerchfellbruch
  • Nabelbruch
  • Fehlbildung der Nieren
  • Fehlbildung der Bauchwand

Die Menge an möglichen Erkrankungen wirkt im ersten Moment erschlagend. Aber zur Erinnerung: Die Nackenfaltenmessung dient nicht der Diagnose. Durch den Test der Nackenfaltendicke können nur die Wahrscheinlichkeiten über das Risiko für das Auftreten einer Fehlbildung oder Chromosomenstörung ermittelt werden!


Wann wird die Nackenfaltenmessung gemacht?

Die Nackenfaltenmessung wird beim Ersttrimester-Screening vorgenommen. Der Test muss zwingend in einem bestimmten Zeitfenster durchgeführt werden, zwischen der 11+0 und 13+6 Schwangerschaftswoche. Das liegt daran, dass es in dieser Zeit zu einer natürlichen Verdickung der Nackenfalte beim ungeborenen Kind kommt.

Ursache für die Flüssigkeitsansammlung, die zu der Verdickung führt, ist die Entwicklung von Lymphsystem und Nieren. Die Flüssigkeitsansammlung/Verdickung besteht nur vorübergehend und bildet sich nach der 14. Schwangerschaftswoche wieder zurück. Bei gesunden Ungeborenen ist die flüssigkeitsgefüllte Struktur in der 16. bis 17. Schwangerschaftswoche vollständig aufgelöst. Daher kann die Nackenfaltenmessung nur zwischen der 11. und der 13. Schwangerschaftswoche stattfinden. Als idealer Zeitpunkt gilt die 12. Schwangerschaftswoche. Eine Nackenfaltenmessung nach der 14. Schwangerschaftswoche würde zu keinem brauchbaren Ergebnis mehr führen.

Die Nackenfaltenmessung ist keine Standarduntersuchung. Vielmehr handelt es sich um einen zusätzlichen Test, der optional ist. Die Messung ist sowohl für dich als werdende Mutter, wie auch für das heranwachsende Kind im Bauch ungefährlich und wird per Ultraschall vorgenommen.


Ersttrimesterscreening
 © MedicalPrudens / Pixabay - Ersttrimesterscreening mit Nackenfaltenmessung

Ablauf der Nackenfaltenmessung: Vorgehen, Dauer, Wartezeit auf das Ergebnis

Die Messung der Nackentransparenz ist eine Ultraschalluntersuchung und damit ein nicht-invasives Verfahren. Es handelt sich um einen optionalen Test beim Ersttrimester-Screening. In der Regel wird die Nackenfaltendicke durch die Bauchdecke gemessen. Falls das Ungeborene ungünstig liegt, kann die Ultraschalluntersuchung auch vaginal durchgeführt werden. Insgesamt dauert die Messung circa 5 bis 10 Minuten und fühlt sich genauso an, wie andere Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft. Manchmal werden mehrere Messungen vorgenommen, aus denen der Durchschnittswert ermittelt wird.

Der gemessene Wert allein reicht jedoch nicht aus. Um das Ergebnis des Tests zu ermitteln werden auch andere Faktoren, wie das Alter und die Blutwerte der Mutter, in die Risikoberechnung einbezogen. Daher kann es eine gewisse Wartezeit auf das Ergebnis geben, vor allem auf die Blutwerte aus dem Labor. Die Ärztin berechnet alle Faktoren dann entweder per Computerprogramm oder anhand einer Tabelle und kann die Schwangere in eine von drei Risikogruppen einordnen (Niedrig-, Intermediär- oder Hoch-Risikogruppe). Das Ergebnis ist lediglich eine statistische Aussage und keine Diagnose. Schließlich wurde das kindliche Erbmaterial gar nicht analysiert.


Ergebnis der Nackenfaltenmessung: Bedeutung der Werte, Aussagekraft und Fehlerquote

Typischerweise liegen die Werte der Nackenfaltendicke unter 2,5 mm (falls in der 11. Schwangerschaftswoche gemessen wird, sind sie geringer als in der 13. Schwangerschaftswoche). Werte unter 2,5 mm gelten als unauffällig. Werte ab circa 3,0 mm gelten als deutlich erhöht. Ab einem Wert von rund 6,0 mm spricht man von stark erhöht.


Interpretation


Die Interpretation dieser Werte ist nicht einheitlich. Auch Faktoren wie das Alter der Mutter spielen eine Rolle. Generell wird angenommen, dass bei jüngeren Schwangeren ein geringeres Risiko für eine chromosomale Anomalie vorliegt, als bei älteren Schwangeren. Daher kann es vorkommen, dass Ärzte manchen Schwangeren bereits ab einem Wert von 2,5 mm zu weiteren Tests raten.


Falsch-positiv oder falsch-negativ


Zudem kann es zu Messfehlern kommen, die zu einem falschen Wert (entweder falsch-positiv oder falsch-negativ) führen. Wird die Messung zu weit unten im Nackenbereich vorgenommen, führt der Messfehler zu großen Werten. Teilweise wird auch an der falschen Stelle gemessen (am sogenannten Amnion), was ebenfalls zu großen Werten führt. Insgesamt ist die Messung relativ fehleranfällig und darf nur von geschulten Medizinern vorgenommen werden (regelmäßige Fortbildungen sind Pflicht).


Fehlerquote


Neben den Messfehlern ist auch die Fehlerquote ein relevanter Faktor. Denn selbst bei einer auffälligen Nackentransparenzmessung bekommen die meisten Schwangeren vollkommen gesunde Kinder. Und auch eine unauffällige Nackenfalte schließt nicht aus, dass das Kind mit einer Fehlbildung oder Chromosomenstörung geboren wird.


Kosten der Nackenfaltenmessung: Was kostet der Test und zahlt die Krankenkasse?

Das Ersttrimester-Screening zählt nicht zu den klassischen Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere und ist somit eine Selbstzahler-Leistung (IGeL). Krankenkassen übernehmen die Kosten der Untersuchung in gewissen Fällen. Etwa dann, wenn du dich für ein zusätzliches Paket entscheidest (Beispiel: Die DAK übernimmt die Kosten der Nackenfaltenmessung nur im Rahmen ihres MamaPLUS-Pakets) oder aber, wenn eine medizinische Indikation für die Untersuchung vorliegt. Erkundige dich bei deiner Krankenversicherung, ob eine Kostenübernahme möglich ist.

Falls du die Nackenfaltenmessung aus eigener Tasche bezahlen musst, kannst du mit Kosten zwischen 20 und 50 Euro rechnen. Das komplette Ersttrimester-Screening (inklusive Beratungsgespräch, Bluttests, Laborkosten und Nackenfaltenmessung) beläuft sich auf 120 bis 300 Euro. Die Preise sind regional verschieden.


Weitere vorgeburtliche Untersuchungen (Pränataldiagnostik)

Neben der Nackenfaltenmessung im Rahmen des Erstrimesterscreening gibt es noch eine Reihe anderer invasiver, wie auch nicht-invasiver ("NIPT") Untersuchungen im Bereich der Pränataldiagnostik.

  • Ultraschalluntersuchungen
  • Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese), invasiv
  • Plazenta-Punktion (Chorionzottenbiopsie), invasiv
  • Molekulargenetische Pränataltests (NIPT, Bluttest), z.B. Harmony® Test oder PraenaTest®

Begriffserklärung NIPT: Mit Hilfe eines nicht-invasiven Praenataltests (kurz: NIPT) lässt sich über die Entnahme von mütterlichem Blut eine genetische Untersuchung (DNA-Test) beim Kind auf verschiedene Chromosomenstörungen, wie Trisomie 13, 18 oder Trisomie 21 (Downsyndrom) durchführen. Es besteht eine geringe Falsch-Positiv-Rate.


Wie sinnvoll ist die Nackenfaltenmessung?

Ob du eine Nackenfaltenmessung beim Ersttrimester-Screening möchtest oder nicht, musst du selbst entscheiden. Dein(e) Arzt oder Ärztin wird dich dahingehend beraten, ob der Test in deinem Fall sinnvoll oder empfehlenswert ist. Das ist vor allem bei Schwangeren über 34 Jahre (beziehungsweise wenn das Alter der Eltern zusammengenommen über 70 liegt) der Fall. Aber auch dann, wenn du eine vorangegangene Schwangerschaft mit einer Fehlbildung oder Chromosomenstörung, die mit einer erhöhten Nackentransparenz in Verbindung steht, gehabt hast. Auch der Wunsch umfassend abgesichert zu sein, kann ein Grund für den Test sein.

Gut durchdenken solltest du vor allem eines: Welche Konsequenzen und Folgen wird die Untersuchung haben, falls es ein auffälliges Ergebnis gibt? Bei auffälligen Werten wird dir dein(e) Arzt/Ärztin zu weiterführenden pränataldiagnostischen Untersuchungen raten, um bestimmte Fehlbildungen und Chromosomenbesonderheiten mit höherer Sicherheit ausschließen oder diagnostizieren zu können. Einige dieser Tests sind dann invasiv. Beispielsweise die Fruchtwasseruntersuchung. Sie liefert mit einer Genauigkeit von etwa 99 Prozent das Risiko für Trisomien und darüberhinaus mit einer 90-prozentigen Genauigkeit das Risiko für Neuralrohrdefekte. Der Eingriff geht aber mit dem Risiko einer Fehlgeburt einher, wenngleich dieses Risiko - von einem Experten durchgeführt - bei etwa 0,5 bis 1 Prozent liegt. Nicht-invasive Alternativen sind Bluttests, z.B. Harmony® Test oder PraenaTest®.

Du solltest dir im Vorfeld die Frage stellen, was du mit dem Ergebnis anfangen würdest. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, könntest du in die Situation kommen, entscheiden zu müssen, ob du ein Kind mit Behinderung oder Fehlbildung austragen oder abtreiben möchtest. Das ist nie eine leichte Entscheidung.

Wenn du (oder ihr) zum Beispiel grundsätzlich sagst, dass du auch ein Kind mit Behinderung oder Fehlbildung genauso annehmen und lieben wirst, wie jedes andere Kind, so macht die Nackenfaltenmessung nicht wirklich Sinn für dich.

Eine Antwort auf die Frage "Nackenfaltenmessung - ja oder nein?" muss daher jede Schwangere individuell für sich finden.


Nackenfaltenmessung
 © MedicalPrudens / Pixabay - Nackenfaltenmessung: Screening mit Konsequenzen?

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