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Ein gut trainierter Beckenboden ist gesundheitlich von großer Bedeutung. Besonders Frauen wird nach einer Schwangerschaft das gezielte Beckenbodentraining ans Herz gelegt. Doch auch Männer profitieren vom Trainieren der Beckenbodenmuskulatur.
Nicht nur nach nach einer Schwangerschaft ist regelmäßiges Beckenbodentraining zu empfehlen. Es kann ebenso eine effektive Maßnahme gegen Inkontinenz oder bei Erektionsschwierigkeiten sein. Hier stellen wir dir 6 einfache und effiziente Übungen für den Beckenboden vor, die du für ein gezieltes Training zu Hause oder sogar unterwegs nutzen kannst.
Der Beckenboden bzw. PC-Muskel (Pubococcygeus-Muskel), wie der Beckenbodenmuskel auch genannt wird, befindet sich am unteren Abschluss des Beckenbereichs. Er setzt sich aus insgesamt drei einzelnen, untereinander angeordneten Schichten von Bindegewebe und Muskeln zusammen. Diese sind an den Enden verankert, ähnlich einer Hängematte. Kleine Öffnungen in den Muskelplatten sind für die Geschlechtsorgane, den Enddarm und die Harnröhre vorhanden. Die Bewegungen, die mittels Beckenbodenmuskulatur ausgeführt werden, haben hierbei einen direkten Einfluss auf die jeweilige Funktionalität der Organe.
Diese Aufgaben hat der Beckenboden:
Einen Muskel zu trainieren, von dem man noch nicht einmal weiß, wo sich dieser genau befindet und wie man diesen spürt, ist leicht gesagt.
Eine Methode speziell für Frauen ist folgende: Auf einem Stuhl mit Kissen sitzend, schiebst du beide Handflächen unter den Po, sodass die Mittelfinger die Sitzknochen ertasten. Im Bereich des Damms - also zwischen Anus und Scheide - befindet sich die Beckenbodenmuskulatur, die du nun versuchst anzuspannen. Sobald sich die Sitzknochen leicht aufeinander zubewegen, hast du deinen Beckenbodenmuskel lokalisiert.
Eine weitere, geschlechterübergreifende Möglichkeit ist die: Da die Muskulatur des Beckenbodens auch die beiden Schließmuskeln für den Enddarm und die Harnblase beinhaltet, lässt sie sich auf recht einfache Weise auf der Toilette identifizieren. Das klappt am besten, wenn du beim Wasserlassen den Harnstrahl für einen Moment unterbrichst. Hierbei sind die Beckenbodenmuskeln nämlich angespannt. Wer seinen Schließmuskel verwendet, findet also automatisch den Beckenbodenmuskel.
Klappt das Anhalten des Harnstrahls nicht oder nur teilweise, ist dies übrigens ein deutliches Anzeichen, dass du dringend Beckenboden-Übungen in deinen Alltag einbauen solltest. Weiter unten zeigen wir dir einige leicht umzusetzende Beispiele dafür.
Generell ist es jedem Menschen zu empfehlen, regelmäßig etwas für den Beckenboden zu tun. Denn ein präventives Training des PC-Muskels beugt sämtlichen Problemen vor, die aufgrund einer Schwächung auftreten können. Besonders ratsam ist das Beckenbodentraining für Frauen, die erst kürzlich entbunden haben. Aber auch bereits während der Schwangerschaft kann mit den geeigneten Übungen begonnen werden. Wer nicht ausreichend vorgesorgt hat, sollte jedoch spätestens dann mit gezielter Beckenbodegymnastik beginnen, wenn eines oder mehrere der folgenden Probleme auftreten.
Frauen, die ein Kind zur Welt bringen, sind von einer Schwächung des Beckenbodens meist am stärksten betroffen. Im Idealfall beginnen sie bereits lange vor der Entbindung mit speziellen Beckenboden-Übungen für Schwangere. Der Facharzt oder eine Hebamme kann hier unterstützend zur Seite stehen und dir bei den ersten Übungseinheiten helfen, damit du sie auch korrekt ausführst.
Auch unabhängig von einer Schwangerschaft kann das Trainieren des Beckenbodens für Frauen sinnvoll sein. Insbesondere in den Wechseljahren kommt es zu hormonellen Veränderungen, die zur Schwächung des Bindegewebes führen. Hier erweist sich Beckenbodentraining als ein äußerst effektives Hilfsmittel gegen die unerwünschten Folgen.
Kommt es zu einer Absenkung der Gebärmutter, wird ebenfalls Beckenbodentraining empfohlen. Die Übungen machen dies zwar nicht rückgängig, zumindest aber helfen sie dabei, dass sich die Position der Gebärmutter nicht noch weiter verschiebt.
Auch wenn im Allgemeinen vor allem Frauen von Beckenboden-Übungen profitieren, ist eine kräftige Muskulatur in diesem Bereich auch für Männer nicht unwichtig. Denn das richtige Beckenbodentraining stärkt nachweislich die Potenz und beugt Erektionsstörungen vor. Wer bereits Probleme hat, kann diese mit den Übungen beheben und für eine stärkere Penisdurchblutung sorgen.
Oftmals treten bei Männern Probleme in Form einer Belastungsinkontinenz auf, nachdem sie an der Prostata operiert wurden. Das liegt daran, dass im Zuge der OP ein Teil des Blasenschließmuskels durchtrennt wird. Für eine bessere Kontrolle über den Harndrang sollten gezielte Beckenboden-Übungen in den Alltag eingebaut werden.
Zunächst einmal ist es ratsam, das geeignete Beckenbodentraining mit einem Arzt oder Physiotherapeuten abzusprechen. Denn nicht jede Übung ist für jede Person gleich gut geeignet. Gerade während und nach einer Schwangerschaft ist meist ein spezielles, individuell angepasstes Training angeraten.
Beachte auch: Im Anschluss an das Wochenbett sollte zunächst die Rückbildung abgeschlossen werden. Mehr dazu liest du in unserem Ratgeber rund um das Wochenbett.
Zur weiterführenden Lektüre rund um die Rückbildung empfehlen wir außerdem den Beitrag Bauch nach der Geburt - So bildet er sich wieder zurück von Hebamme Julia Ronnenberg auf ihrem Blog Mammacita.
Damit sich schnell positive Effekte einstellen, solltest du in jedem Fall regelmäßig deine Übungen durchführen. Und auch wenn bereits nach wenigen Einheiten deine Probleme spürbar nachlassen, heißt es: Dranbleiben!
Jedes Muskeltraining verlangt nach entsprechenden Ruhephasen, in denen die beanspruchte Muskulatur sich erholen kann. Das ist auch bei Beckenboden-Übungen sehr wichtig. Wer den Beckenboden ständig anspannt, bei dem können sich die Probleme umkehren. Das bedeutet, dass es zu Schwierigkeiten bei der Ausscheidung und auch in der Sexualität kommen kann.
Genau wie jedes andere Muskeltraining sollte auch das Beckenbodentraining regelmäßig stattfinden. Nimm dir am besten jeden Tag etwas Zeit für die Übungen. Hier stellen wir dir vier einfache Bewegungsabläufe vor, die den Beckenboden stärken:
Leg dich für diese Beckenboden-Übung auf den Rücken und winkle die Beine so an, dass beide Füße flach auf dem Boden stehen. Die Arme legst du parallel zum Körper ab, mit den Handflächen nach unten. Nun hebst du dein Becken an und atmest dabei ruhig und gleichmäßig weiter. Der Oberkörper darf dabei nicht durchhängen, sondern muss eine Linie bilden. Nach etwa zehn Sekunden lässt du das Becken wieder langsam nach unten sinken. Diese Bewegung wiederholst du mindestens 10 mal.
Die zweite Beckenboden-Übung wird im Pilates als "Atlas" bezeichnet und ist zugleich eine klassische Gleichgewichtsübung. Zunächst gehst du dafür auf die Knie und in den Vierfüßlerstand. Dann streckst du den linken Arm nach vorne aus. Gleichzeitig geht das rechte Bein gerade nach hinten, bis auch dieses voll ausgestreckt ist. Anschließend werden beide Gliedmaßen wieder an den Körper herangezogen und auf dem Boden abgesetzt. Der gleiche Bewegungsablauf wird mit dem rechten Arm und dem linken Bein durchgeführt und so weiter.
Für die Radfahrübung legst du dich wieder flach auf den Rücken. Die Hände liegen zur Unterstützung am Becken an. Hebe beide Beine angewinkelt in die Luft und simuliere den Bewegungsablauf, den du beim Radfahren ausführen würdet. Die Füße kreisen also durch die Luft, ganz so als würdest du in die Pedale treten.
Bei der Katzenbuckel-Übung gehst du auf alle Viere. Während des Ausatmens krümmst du deinen Rücken nach oben, während der Kopf leicht eingerollt wird und hältst die Position kurz. Beim Einatmen streckst du den Kopf und das Gesäß nach oben, sodass der Rücken wieder gerade wird (kein Hohlkreuz) und der Bauch dabei nicht nach unten gedrückt wird. Verbleibe auch in dieser neutralen Position für ein paar Sekunden.
Um den Beckenboden zu trainieren, musst du nicht zwingend aufwändige Übungen durchführen oder spezielle Körperhaltungen einnehmen. Selbst unterwegs kannst du in praktisch jeder Situation etwas für ihn tun. Hier folgen zwei weitere, sehr diskrete und simple Übungen, die du nahezu überall praktizieren kannst:
Hast du deinen Beckenbodenmuskel erst einmal lokalisiert, spannst du ihn einfach in einem passenden Moment mehrmals hintereinander für je drei bis fünf Sekunden an und atmest dabei aus. Beim Einatmen entspannst du jeweils. Stelle dir beim Ausatmen und Anspannen vor, dass du mit einem Aufzug langsam nach oben fährst. Zieh den Bauchnabel dabei nach innen. Halte die Spannung. Dann fährst du gedanklich wieder langsam nach unten (Einatmen + Entspannung). Achte bei dieser Übung darauf, dass du die umliegenden Muskeln von Gesäß und Oberschenkeln nicht mit anspannst. Diese Übung funktioniert im Liegen, Sitzen oder auch im Stehen.
Diese Übung funktioniert am besten im Sitzen, z.B. auf einem Bürostuhl. Setze dich aufrecht und mit geradem Rücken hin, ohne dich anzulehnen. Spüre dein Schambein und deine beiden Sitzbeinhöcker. Atme tief ein. Mit der Ausatmung ziehst du nun deinen Beckenboden an. Stell dir dabei vor, du sitzt auf einer Murmel und pickst diese gedanklich mit deinem Unterleib auf. Halte kurz inne und lass die Murmel dann wieder los. Wiederhole die Übung ein paar mal.
Im Alltag gibt es aber nicht nur zahlreiche Gelegenheiten, das Beckenbodentraining durchzuführen. Auch zahlreiche Fehler passieren hier, die dem Beckenboden gar nicht guttun. Das fängt bereits beim morgendlichen Aufstehen an. So solltest du deinen Oberkörper nicht direkt aus der Rückenlage aufrichten. Stattdessen ist es sinnvoll, sich vorher auf die Seite zu drehen, um den Druck auf die Muskulatur von oben zu vermeiden.
Auch die geraden Sit-ups sind eher schädlich, da sie demselben Prinzip folgen. Gerade schwangere Frauen und alle, die kürzlich ein Kind zur Welt gebracht haben, sollten für eine Weile auf diese Übung verzichten. Das Gleiche gilt für die sogenannte Bauchpresse, Crunches oder Planking. Mit diesen Übungen wird ein starker Druck im Bauchraum aufgebaut und der Beckenboden wird sehr belastet. Auch bei einer Rektusdiastase wären diese Übungen kontraproduktiv.
Hier folgen ein paar generelle Regeln, die du ebenfalls im alltäglichen Leben beachten solltest:
Gerades und aufrechtes Sitzen:
Dies vermindert den Druck, den die inneren Organe auf den Beckenboden ausüben.
Richtiges Heben:
zum Heben in die Knie gehen und den jeweiligen Gegenstand nicht zu weit weg vom Körper halten. Das schont übrigens nicht nur den Beckenboden, sondern auch deine Wirbelsäule.
Atmung:
Den Atem auch bei körperlicher Anstrengung stets frei fließen lassen und die Luft nicht anhalten.
Husten und Niesen:
Den Körper beim Husten und Niesen zur Seite wegdrehen, um die Druckbelastung zu reduzieren. Huste dazu einfach "über deine Schulter".
Joggen & Trampolin:
Wer bereits einen geschwächten Beckenboden hat, sollte zunächst auf Joggen oder Trampolin hüpfen verzichten.
Wie wichtig ein gut trainierter Beckenboden ist, wird den meisten Menschen erst dann bewusst, wenn Probleme auftreten. Schenke diesem Bereich deshalb am besten schon frühzeitig die notwendige Beachtung. Viele Beckenboden-Übungen lassen sich ganz einfach in den Alltag einbauen und können in fast jeder Situation praktiziert werden. Wer darüber hinaus noch typische Fehler vermeidet, die die Beckenbodenmuskulatur schwächen, beugt der verbreiteten Belastungsinkontinenz und anderen Problemen effektiv vor - jeden Tag.